Ein Außenseiter-Instrument rückt in den Mittelpunkt

Symphonisches Orchester Ostfildern widmet sein Frühjahrskonzert dem Kontrabass

Bild einer Probe zum Konzerts

Er muss meist am Rand stehen, ins Rampenlicht darf er fast nie: der Kontrabass. Für die Bassgeige gibt es nur wenige Konzerte. Dank einigen Virtuosen aber darf auch sie hin und wieder ins Zentrum des Geschehens treten. So auch am Samstag beim Frühjahrskonzert des Symphonischen Orchesters Ostfildern. Vor etwa 300 Zuhörern spielten die Musiker Werke von Carl Ditters von Dittersdorf, Giovanni Bottesini und Nikolai Rimski-Korsakow.

Den Anfang machte Dittersdorfs Kontrabasskonzert Nr. 1 in D-Dur, welches als Inbegriff des klassischen Kontrabasskonzerts gilt. Wenngleich es ein Stück von nicht allzu großer Schönheit ist, kommt kein Bass-Student daran vorbei, sodass es für die Solistin Alexandra Henstebeck gewiss nicht neu, aber vieleicht doch eine Herausforderung war. Anstrengung ließ sich die Musikerin des Bayrischen Staatsorchesters zwar nicht anmerken. Zu Beginn des Konzerts waren kleinere Abstimmungsprobleme zwischen Orchester und Solistin aber kaum zu überhören. Letztere brillierte besonders dann, wenn die restliche Musiker Pause hatten. Das Verhältnis von Orchester zu Solostimme ist beim Kontrabasskonzert ohnehin eine der größeren Herausforderungen. Im dritten Satz - mit dem Einsetzen der Hörner, die bis dahin schweigen mussten - passte dann alles: Das Orchester fand zu sich, wurde zur Einheit und nahm auch die Solistin als "Prima inter Pares" in sich auf.

Das zweite Stück war Bottesinis "Passione Amorosa". Am vorderen Bühnenrand gesellte sich Florian Gmelin zu Alexandra Hengstebeck. Gmelin, ebenfalls Kontrabassist am Bayrischen Staatsorchester in München, schwang sich mit seiner Duett-Partnerin zu einer bemerkenswerten Performance auf. Wie der Titel des Werks verrät, geht es um die leidenschaftliche Liebe zweier Menschen, die in diesem Fall von zwei Bässen verkörpert werden. Dirigent Alexander Burda merkte mit einem Schmunzeln an, dass er für die "Amorosa" extra seine Hochzeitskrawatte aufgetragen hatte: Liebe überall. Die beiden Solisten umspielten einander in einem Frühlingstanz zweier Liebender, die sich im ersten Satz umwerben und im zweiten zueinander finden - die Blicke Gmelins und Hengstebecks zeigten, wie sie sich gemeinsam mit der Musik identifizierten. Das zwischenzeitliche Drama, der Bruch des Liebesglücks, wird in versöhnlichen Klängen aufgelöst und findet im dritten Satz in majestätischen Hochzeitsharmonien seinen Höhepunkt. Die beiden Solisten beendeten ihren Auftritt mit einer Zugabe ohne Orchester. Sie hatten das Publikum mit ihrer nahbaren Freundlichkeit und herausragender Abstimmung untereinander gewonnen.

Nach der Pause war der große Auftritt des gastgebenden Orchesters gekommen. Ohne Solo-Auftritte auswärtiger Musiker schmetterten die Ostfilderner dem Publikum Rimski-Korsakows Symphonie Nr. 1 in e-Moll entgegen. Das Stück mit beachtlicher Energie verlangte den rund 40 Musikern einiges ab. Dem Werk des russischen Komponisten ist eine enorme emotionale Unmittelbarkeit anzumerken. Rimski-Korsakow schrieb seine erste Symphonie mit gerade mal 17 Jahren, ohne profunde kompositorische Kenntnisse zu besitzen.

Mit Einsatz und Präzision

Kein Wunder also, dass sich darin der wilde Sturm und Drang eines jungen Mannes spiegelt. Wenngleich viele Musiker des Ostfilderner Orchesters diese Phase ihres Lebens vermutlich bereits hinter sich gelassen haben, war ihnen die Nähe zum Stück anzumerken.

Das Finale des Abends wurde mit Einsatz und Präzision vorgetragen. Das zarte Spiel der Harfe erhielt darin genau so angemessenen Raum wie das mächtige Rufen der Posaunen und Härner: So gelang, was Alexander Burda zuvor angekündigt hatte: Eine kleine Reise von Ostfildern ins Russland des 19. Jahrhunderts.

Von Ruben Moratz, © Eßlinger Zeitung, 16.4.2018